In Hinblick auf die Aktualisierung des Paragrafen 14a im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und die neue Definition von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen gewinnen aktive Energiemanagementsysteme (EMS) in Eigenheimen (sog. Heim-Energiemanagementsysteme oder HEMS) immer mehr an Bedeutung.
In verschiedenen Blogbeiträgen zu den Themen „Intelligentes Energiemanagement für Zuhause“ und „14a EnWG: Neuregelung für steuerbare Verbrauchseinrichtungen“ sind wir auf diese Thematik bereits am Rande eingegangen.
Um den wachsenden Bedarf an Wissen über moderne Energiemanagementsysteme zu decken, beleuchten wir in diesem Beitrag die Bedeutung und Chancen von HEMS in Verbindung mit dem § 14a EnWG etwas detaillierter.
Verschaffen Sie sich jetzt als Fachhandwerker aus dem Elektro- und SHK-Handwerk einen Überblick über die Möglichkeiten von Heim-Energiemanagementsystemen.
Inhalt:
Was ist ein Heim-Energiemanagementsystem (HEMS)?
Vorteile durch die Verwendung eines Heim-Energiemanagementsystems
Welche Aufgaben hat ein Energiemanagementsystem (EMS)?
Energiemanagementsysteme und die häufigsten Anwendungsfälle
HEMS: PV-Strom dann verbrauchen, wenn er im Überfluss vorhanden ist
EEBUS als Schlüsselelement zur effektiven Umsetzung des § 14a EnWG
Technische Anforderungen an ein Energiemanagementsystem
Fördermöglichkeiten bei der Anschaffung eines Energiemanagementsystems
Fazit: EMS: Optimierung der Energieflüsse im Eigenheim
Unser Energiemanagement-Tag am 01.10. 2024 im Neckar-Forum Esslingen
Ein Heim-Energiemanagementsystem ist eine Software, die steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Batteriespeicher sowie große Stromverbraucher wie Wallboxen oder Wärmepumpen intelligent miteinander vernetzt. Als zentrales Element des gesamten lokalen Energiesystems, steuert das HEMS die bedarfsgerechte Verteilung des PV-Stroms, indem es sowohl die Erzeugung des Solarstroms auf dem Dach als auch den Speicherbetrieb und den Stromverbrauch im Haushalt erfasst und analysiert.
Mit diesen erfassten Informationen prognostiziert das HEMS den Stromverbrauch und passt ihn optimal an die Solarstromerzeugung an. So wird der Eigenverbrauch gesteigert und weniger Strom aus dem Netz benötigt, was die Bezugskosten für Strom reduziert.
Der aktualisierte Paragraf 14a EnWG ermöglicht es Netzbetreibern, den Netzbezug sog. steuerbare Verbrauchseinrichtungen, das sind Wärmepumpen, Wallboxen, Klimaanlagen und Batteriespeicher ab einer bestimmten Leistungsgrenze, zur Stabilisierung des Stromnetzes auf einen festgelegten Wert zu reduzieren (sogenanntes „Dimmen“).
2. Batteriespeicherverwaltung durch HEMS
Durch die intelligente Steuerung von Batteriespeichern kann überschüssiger Solarstrom gespeichert und zu Zeiten hoher Nachfrage oder niedriger Erzeugung wieder ausgespeichert werden.
3. Dynamische Tarife und Netzdienlichkeit gemäß § 14a EnWG
Durch den Einsatz von Energiemanagementsystemen können steuerfähige Geräte optimal integriert und gesteuert werden, um die Netzstabilität zu fördern und gleichzeitig den Energieverbrauch sowie die Bezugskosten für Endverbraucher durch z.B. dynamische Stromtarife oder PV Eigenverbrauch zu senken.
In Bezug auf das EnWG § 14a übernimmt ein HEMS die vorrangige Aufgabe, den Energieeigenverbrauch so zu steuern und zu optimieren, um die Vorteile der reduzierten Netzentgelte, die aufgrund der Neuregelung des §14a EnWG eingeführt wurden, bestmöglich auszuschöpfen.
4. Echtzeitüberwachung und Datenanalyse
Ein HEMS bietet transparente Echtzeit-Daten über den Stromverbrauch und die Stromerzeugung, was Haushalten hilft, ineffiziente Geräte zu identifizieren und ihren Energieverbrauch zu optimieren.
Durch die Analyse historischer Daten können Haushalte ihre Verbrauchsmuster verstehen und Maßnahmen ergreifen, um den Eigenverbrauch zu steigern und Strombezugskosten zu senken.
Beim netzorientierten Steuern gemäß § 14a EnWG wird eine Anlage nicht abgeschaltet , sondern nur so weit in der Leistung reduziert, dass ein Mindestbezug von 4,2 kW Leistung gewährleistet bleibt. Die Teilnahme von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen mit einer Bezugsleistung von mehr als 4,2 kW am neuen §14 a-Modell ist verpflichtend, wenn diese ab dem 01.01.2024 in Betrieb genommen wurden. Dabei haben teilnehmende Haushalte grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
Die Variante 2 hat den Vorteil, dass der Leistungsbezug entsprechend den persönlichen Wünschen des Betreibers auf mehrere steuerbare Verbraucher verteilt werden kann und selbsterzeugte Energiemengen eingerechnet werden können. So dürfen beispielsweise Wärmepumpen und Wallboxen mehr Strom beziehen, wenn dieser aus der eigenen Photovoltaik-Anlage oder dem Batteriespeicher stammt.
Ein Heim-Energiemanagementsystem sorgt dafür, dass alle steuerfähigen Stromverbraucher wie Waschmaschine und Wäschetrockner oder steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Batteriespeicher, Wallbox oder Wärmepumpe sowie die dazugehörenden technischen Komponenten in einem Gebäude effizient miteinander kommunizieren. Die Grundvoraussetzung für eine reibungslose Kommunikation ist das laufende Erfassen und Analysieren von relevanten Daten innerhalb eines lokalen Energiesystems durch das HEMS. So liefert beispielsweise ein in das Energiemanagementsystem eingebundener Smart Meter Echtzeitinformationen über den Stromverbrauch an das Energiemanagementsystem.
Kurz gesagt, stimmt das Energiemanagementsystem sowohl die Stromerzeugung, den Stromverbrauch und die Stromspeicherung als auch die Netzentnahme und Netzeinspeisung aufeinander ab.
Immer mehr Immobilienbesitzer produzieren ihren eigenen PV-Strom. In Zeiten geringer Einspeisevergütungen kommt es vermehrt darauf an, möglichst viel vom selbstproduzierten Solarstrom für den Eigenverbrauch zu nutzen. Das Energiemanagementsystem passt die Stromnutzung im Haushalt an die wetter- und tageszeitabhängige Stromerzeugung der PV-Anlage an, wodurch der Eigenverbrauch erhöht wird.
Beim sogenannten Überschussladen können Anlagenbetreiber im HEMS einen Mindestwert für einen PV-Überschuss festlegen. Sobald dieser Wert erreicht ist, wird das Laden des Elektrofahrzeugs durch die Wallbox automatisch gestartet. Fällt der Überschuss unter den eingegebenen Mindestwert, wird der Ladevorgang automatisch pausiert.
Smart Grids (SG) oder intelligente Stromnetze verfügen über digitale Schnittstellen mit deren Hilfe sie Strom intelligent verteilen können. Dadurch kann die vorhandene Energie effizienter verteilt und das Netz optimal ausgelastet werden.
Wärmepumpen, die über ein SG Read-Label verfügen, können mit Smart Grids kommunizieren. Somit ist es der Wärmepumpe möglich, dann Strom aus dem Netz zu beziehen, wenn viel Energie vorhanden ist. Umgekehrt kann das Smart Grid an die Wärmepumpe kommunizieren, dass sie sich kurzzeitig (max. 2 Stunden täglich) vom Netz trennt, damit Lastspitzen ausgeglichen werden und das Netz entlastet wird.
Parallel meldet die PV-Anlage an die SG-Ready-Wärmepumpe, wenn überschüssiger Strom vorhanden ist, damit die Wärmepumpe diese Energie nutzt, um mithilfe des Heizstabs Warmwasser zu erzeugen und im Warmwasserspeicher zwischenzuspeichern.
Die größte Herausforderung bei der Umsetzung des § 14a EnWG besteht darin, eine funktionierende, stabile und sichere Kommunikation zwischen relevanten Geräten im Gebäude untereinander sowie mit den Netzbetreibern zu schaffen.
Diesbezüglich ist das EEBUS-Protokoll ein weiterer Schritt zur Digitalisierung der Energiewende. Die technologie- und herstellerunabhängige Kommunikationsschnittstelle wurde von der EEBus Initiative e. V. entwickelt, um HEMS noch effizienter zu machen und die unterschiedlichen Ziele der beteiligen Akteure unter einen Hut zu bringen: Während bei Haushalten das Ziel der Kostenoptimierung und Energieunabhängigkeit im Vordergrund steht, ist es bei den Netzbetreibern die Stabilisierung der Stromnetze.
Durch die EEBUS- Schnittstelle wird einerseits definiert, wie sich die steuerbaren Geräte im Rahmen des Energiemanagements verhalten sollen. Andererseits auch, wie die Signale der verschiedenen Akteure (Netzbetreiber und Haushalte) koordiniert und umgesetzt werden sollen.
Nach heutiger Einschätzung kann EEBUS ein zentraler Baustein sein, um stromerzeugende Anlagen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen im Haushalt und Netzbetreibern zu verbinden. Das Schlüsselelement von EEBUS ist die Schaffung einer „gemeinsamen Sprache“, die von allen Geräten in einem Haushalt herstellerunabhängig verstanden wird. Dadurch wird es möglich, dass eine Vielzahl von Geräten miteinander kommunizieren und interagieren kann.
Der ganzheitliche Ansatz von EEBUS erlaubt es, Energie zu sparen, indem zum Beispiel der Wäschetrockner dann läuft, wenn die Photovoltaikanlage auf dem Dach am meisten Strom produziert, oder das Elektroauto dann geladen wird, wenn der Strompreis am günstigsten ist.
Die Technologie hinter EEBUS beinhaltet nicht nur die Steigerung der Effizienz in einzelnen Haushalten, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Integration erneuerbarer Energien und der Stabilisierung der Stromnetze.
Durch intelligentes Lastmanagement, also die Fähigkeit, den Energieverbrauch entsprechend der Verfügbarkeit anzupassen, unterstützt EEBUS die Verwirklichung einer nachhaltigen Energiezukunft. Um ein Heim-Energiemanagementsystem EEBUS-fähig zu machen, benötigt es einen EEBUS-Software-Stack.
Wenn es um die netzorientierte Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen gemäß § 14a EnWG geht, trägt auch ein KNX-System zur Digitalisierung der Energiewende sowie zur Optimierung des Eigenverbrauchs bei.
KNX (abgeleitet von lat. „connexio“/“Verbindung“) ist ein internationaler Feldbus-Standard innerhalb der Gebäudeautomation. Als herstellerunabhängiges Kommunikationssystem ermöglicht KNX die einheitliche Vernetzung aller intelligenten Geräte in einem Gebäude.
Die netzorientierte Steuerung eines KNX-Energiemanagementsystems kann im einfachsten Fall über ein Relais der Steuerbox und einen KNX Binäreingang erfolgen.
Alternativ kann die netzorientierte Steuerung gemäß FNN Lastenheft Steuerbox zur Umsetzung der Steuersignale vom Smart Meter Gateway (SMGW) zu KNX realisiert werden.
Ist nur eine steuerbare Verbrauchseinrichtung vorhanden, kann diese direkt über KNX gesteuert werden. Bei Netzanschlüssen mit mehreren steuerbaren Verbrauchseinrichtungen empfiehlt sich ein KNX Energiemanagementsystem. Dieses koordiniert die Erzeugung, Speicherung und Verwendung elektrischer und thermischer Energie so, dass diese bestmöglich für Elektrofahrzeuge, Heizen, Kühlen oder andere Anwendungen genutzt wird.
Damit hat der Netzanschlussnehmer oder Gebäudebetreiber die Möglichkeit, den Eigennutzungsanteil der am Gebäude erzeugten Energie zu steigern und damit seine Energiekosten mit KNX zu senken.
Üblicherweise wird ein HEMS gemeinsam mit einer PV-Anlage und einem Batteriespeicher installiert. Dabei fallen bei der Installation keine spezifischen Anforderung an die Gebäudeinfrastruktur an. Ausschlaggebend ist die Verbindung des HEMS mit dem Stromzähler. Zusätzlich wird HEMS mit Stromspeicher und den steuerfähigen Geräten des Haushaltes verbunden.
Damit das Heim-Energiemanagementsystem steuerbar ist, muss es mit dem Internet verbunden werden. Die Bedienungen des HEMS kann in weiterer Folge einfach über ein Tablet, Smartphone oder über ein Online-Portal erfolgen.
Die Installation des HEMS sowie die erstmalige Einstellung sollte immer von einer Fachkraft durchgeführt werden.
Gemäß § 14a EnWG sind alle steuerbaren Verbrauchseinrichtungen über 4,2 kW Leistung anmeldepflichtig. Ob eine Direktsteuerung oder Steuerung über ein Energiemanagementsystem (EMS) erfolgt, kann im Anmeldeportal bzw. Anmeldeformular des zuständigen Netzbetreibers ausgewählt werden. Nach der Anmeldung erfolgt in der Regel die Montage der Steuerungseinrichtung (SE) durch den Messstellenbetreiber, sofern der Anlagenbetreiber den VNB damit beauftragt hat. Darüber hinaus ist es bei Neuanlagen verpflichtend, ein intelligentes Messsystem (iMS) zu installieren.
Ein Vorteil bei HEMS, die mit einem iMS verbunden sind, ist der Zugriff auf dynamische Stromprodukte, wie zeitvariable Tarife.
Bei der gleichzeitigen Anschaffung unterschiedlicher Komponenten ist sicherzustellen, dass diese eine geeignete Schnittstelle zum späteren HEMS besitzen. Anbieter von Energiemanagementsystemen informieren darüber, welche Endgeräte an das HEMS angebunden werden können. Die Kommunikation zwischen dem HEMS und den angeschlossenen Komponenten erfolgt im Neubau meist über kabelgebundene Kommunikationswege wie Ethernet oder über Busverbindungen.
Bei Bestandsinstallationen ist zu berücksichtigen, dass einzelne HEMS-Funktionen, wie etwa das Ansteuern von Ladeinfrastruktur bereits in vorhandenen Solar- oder Batteriewechselrichtern integriert sind. Im Gegensatz zu kabelbasierten HEMS in Neubauten stellen im Gebäudebestand funkbasierte Energiemanagementsysteme die bessere und kostengünstigere Lösung dar.
Der Einbau digitaler Systeme zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung in Wohngebäuden ist förderfähig. Die Antragstellung erfordert allerdings die Einbindung eines Energieeffizienzexperten und das förderfähige Mindestinvestitionsvolumen muss 300 Euro brutto betragen. Weiterführende Informationen zur EMS-Förderung finden Sie im Förderprogramm „Einzelmaßnahmen“ der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG).
Ein Heim-Energiemanagementsystem hilft dabei, den Paragraf 14a EnWG umzusetzen, indem es den Stromverbrauch intelligent steuert, die Integration erneuerbarer Energien optimiert und die Kommunikation mit dem Stromnetz ermöglicht.
Die Energiemanagementsysteme der Zukunft werden aber nicht nur die Energieflüsse innerhalb eines Gebäudes steuern, sondern auch zur Optimierung der Stromnetze beitragen. Dafür werden aktuell die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um etwa Elektrofahrzeuge (Vehicle to Grid) und Heimspeicher (Home to Grid) als Energiespeicher nutzbar zu machen.
Passend zu diesem Thema, möchten wir Sie abschließend auf unsere Präsenz-Veranstaltung im Herbst aufmerksam machen, bei der sich alles um Energiemanagementsysteme einschließlich der Schnittmengen zum § 14a des EnWG drehen wird.
Erfahren Sie jetzt mehr über unseren Energiemanagement-Tag: https://enbw-eg.de/hems24