
Solarspitzengesetz: Was bedeuten die Änderungen im Energiewirtschaftsrecht?
Die deutlich gesteigerte Ausbaurate der Solarenergie bringt neue Herausforderungen für unser Stromnetz mit sich: Bisher erhielten Betreiber von kleineren Solaranlagen bis maximal 100 kW auch bei negativen Strompreisen eine feste Einspeisevergütung.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen, ändert sich das jetzt für PV-Anlagen, die ab 25.02.2025 in Betrieb genommen werden. Übergangsweise wird darüber hinaus die feste Begrenzung der Einspeiseleistung für neue Photovoltaik-Anlagen gemäß § 9 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ohne Smart Meter und Steuerbox zur Pflicht.
Das Gesetz, häufig als Solarspitzengesetz abgekürzt, wurde am 14. Februar 2025 vom Bundesrat verabschiedet und ist am 25. Februar 2025 in Kraft getreten – einzelne Regelung rückwirkend zum 01.01.2025. Was das neue Solarspitzengesetz für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen konkret bedeutet, haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst.
Inhalt:
Erneuerbare Energien in Deutschland: Ein Rekordjahr 2024 für Solarstrom
Die wichtigsten Neuerungen durch das Solarspitzengesetz
Änderungen 1 und 2: Intelligente Messsysteme im Solarspitzengesetz
Änderungen 3 und 4: Keine Einspeisevergütung bei negativen Börsenstrompreisen
Änderung 5: Direktvermarktung wird durch das Solarspitzengesetz vereinfacht
Änderung 6: Batteriespeicher effizient nutzen
Welche Photovoltaikanlagen sind nicht vom Solarspitzengesetz betroffen?
Perspektiven und Chancen durch das Solarspitzengesetz
Erneuerbare Energien in Deutschland: Ein Rekordjahr 2024 für Solarstrom
Im Jahr 2024 erreichte die öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland einen historischen Höchststand: Erneuerbare Energien trugen 62,7 Prozent zur Stromproduktion bei. Besonders beeindruckend war die Solarstrom-Erzeugung, die mit 72,2 Terawattstunden (TWh) einen neuen Höchstwert erzielte. Der Ausbau der Photovoltaik-Anlagen übertraf zudem die ambitionierten Ziele der Bundesregierung. (Quelle: Öffentliche Stromerzeugung 2024: Deutscher Strommix so sauber wie nie - Fraunhofer ISE).
Womit wir auch schon beim Solarspitzengesetz sind. In Deutschland wird bei entsprechenden Wetterlagen nicht nur viel Strom aus Solar- und Windenergie erzeugt, sondern teilweise auch aus der Niederspannung rückgespeist. Wenn das Stromangebot die Stromnachfrage übersteigt, kann dies unter anderem zu negativen Preisen an der Strombörse führen.
Am besten gelingt das mit einem Energiemanagementsystem, das eine intelligente Vernetzung und Steuerung der PV-Anlage, dem Batteriespeicher und den steuerbaren Verbrauchseinrichtungen ermöglicht. Zu den steuerbaren Verbrauchseinrichtungen gehören Wärmepumpen, private E-Ladepunkte, Batteriespeicher und Anlagen zur Raumkühlung. Damit kann überschüssiger Strom effizient gespeichert und genutzt werden, während zu Zeiten negativer Börsenpreise möglichst wenig Einspeisung ins öffentliche Netz erfolgt.
Einführung der ZEREZ-ID für den Netzsanschlussprozess
Parallel zu den Änderungen im Energiewirtschaftsrecht und im EEG ist seit dem 1. Februar 2025 die Nutzung der ZEREZ-ID für Hersteller, Anlagen- und Netzbetreiber verpflichtend. Diese Änderung ermöglicht eine zentrale Überprüfung und Übermittlung von Zertifikaten und Leistungsparametern ausschließlich über ZEREZ (Zentrales Register für Einheiten- und Komponentenzertifikate).
Durch die Bekanntgabe der ZEREZ-ID durch den Installateur an den zuständigen Netzbetreiber nach der Inbetriebnahme einer PV-Anlage, kann dieser zukünftig alle relevanten Informationen zu den Geräten abrufen.
Aufgrund dieser Neuerung wird das bisherige Verfahren erheblich vereinfacht, u.a. da das Versenden physischer Dokumente zwischen Anlagenbetreibern, Zertifizierungsstellen und Netzbetreibern entfällt, was den Netzanschluss effizienter und digitaler macht.
Die wichtigsten Neuerungen durch das Solarspitzengesetz
Die nachfolgenden Neuregelungen gelten für alle PV-Anlagen, die ab dem 25. Februar 2025 in Betrieb genommen wurden. Für bestehende Anlagen können abweichende Regelungen zutreffen.
- Intelligentes Messsystem und Steuerungseinrichtung (z.B. Steuerbox) werden für neue PV-Anlagen ab 7 kW zur Pflicht. Die Steuerungseinrichtung nimmt Steuersignale des VNB entgegen und gibt sie lokal an steuerbare Einrichtungen (z.B. Wechselrichter oder Wärmepumpen) weiter.
- Bei Neuanlagen ohne intelligentes Messystem, Steuerungseinrichtung und erfolgreichem Ende-zu-Ende-Test der Fernsteuerbarkeit wird die Einspeiseleistung auf 60 % der Nennleistung der PV-Anlage reduziert, um Einspeisespitzen zu vermeiden. So sind beispielsweise PV-Anlagen mit einer Modulleistung von 10 kW auf 60 % begrenzt, was einer maximalen Einspeiseleistung von 6 kVA entspricht. Diese Begrenzung kann entfallen, sobald die oben genannten Bedingungen erfüllt werden.
- Die feste Einspeisevergütung entfällt in Zeiten negativer Börsenstrompreise für Neuanlagen ab dem Ende des Kalenderjahres nach Ausstattung mit intelligentem Messystem, Steuerungseinrichtung und erfolgreichem Ende-zu-Ende-Test der Fernsteuerbarkeit.
- Für die Zeiten, in denen keine Vergütung gezahlt wird, wird ein Kompensationsmechanismus eingeführt. Dabei wird die Summe der Jahresviertelstunden mit negativen Preisen durch den Kompensationsfaktor 0,5 in sogenannte Volllastviertelstunden umgerechnet und nachträglich an die 20-jährige EEG-Förderzeit angehängt.
- Die Direktvermarktung wird massengeschäftstauglicher gestaltet und soll dadurch attraktiver werden. Kleinere PV-Anlagen unter 100 kWp können ihren Strom künftig einfacher an der Börse verkaufen.
Änderungen 1 und 2: Intelligente Messsysteme im Solarspitzengesetz
Ein wichtiger Aspekt des Solarspitzengesetzes sind intelligente Messsysteme mit Steuerungseinrichtungen. Für PV-Anlagen zwischen 7 und 25 kW ist nun auch die Herstellung der Steuerbarkeit künftig verpflichtend, da sie es Netzbetreibern ermöglicht, die Einspeisung in Ausnahmefällen zu reduzieren, um lokale Netzüberlastungen zu vermeiden. Die Steuerung betrifft jedoch nur die Einspeisung ins Netz.
Wenn kein intelligentes Messsystem installiert ist, wird die Einspeiseleistung bei neuen Anlagen übergangsweise auf 60 % der PV-Anlagenleistung begrenzt. Nach der Nachrüstung mit intelligentem Messsystem und Steuerungseinrichtung und erfolgreichem Test der Ende-zu-Ende-Test der Fernsteuerbarkeit kann die volle Leistung wieder eingespeist werden. Diese Maßnahme soll kurzfristig zu einem sicheren Netzbetrieb beitragen.
Änderungen 3 und 4: Keine Einspeisevergütung bei negativen Börsenstrompreisen
Betreiber neuer Photovoltaikanlagen, die ab dem 25. Februar 2025 in Betrieb genommen werden, erhalten nach der Schaffung der technischen Voraussetzungen (u.a. viertelstündliche Bilanzierbarkeit) keine Einspeisevergütung mehr, wenn sie bei negativen Börsenstrompreisen Solarstrom ins Netz einspeisen. Diese Regelung soll Einspeisung in Zeiten negativer Preise unattraktiv zu machen und perspektivisch zu reduzieren. Diese Maßnahme kann auch als erster Schritt einer Marktintegration von Solarstrom kleiner PV-Anlagen angesehen werden.
Um die Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu sichern, wird ein Kompensationsmechanismus eingesetzt. Dies bedeutet, dass die Ausfallzeiten nachträglich angerechnet werden, um sicherzustellen, dass die Anlagen trotz der zeitweisen ausgesetzten Vergütung wirtschaftlich geplant und betrieben werden können.
Änderung 5: Direktvermarktung wird durch das Solarspitzengesetz vereinfacht
Das Solarspitzengesetz 2025 erleichtert die Direktvermarktung von Solarstrom erheblich, insbesondere für kleinere PV-Anlagen. Für Anlagen unter 100 kW werden die bürokratischen Hürden deutlich reduziert. Dies eröffnet die Möglichkeit, den erzeugten Strom zu besseren Konditionen direkt und einfacher am Markt zu verkaufen, u. a. durch:
- die Einführung eines einheitlicher Prozesses bei der Nachweisführung der Fernsteuerbarkeit bei allen Netzbetreibern (bis 01.03.2026),
- den Anspruch der Direktvermarkter auf eine digitale, massengeschäftstaugliche Endabrechnung,
- die Erteilung einer Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur für Direktvermarktungsprozesse und
- die verpflichtende Bereitstellung der Marktlokations-ID innerhalb von vier Wochen durch den Verteilnetzbetreiber.
Die Teilnahme an der Direktvermarktung erfolgt für Anlagen unter 100 kW weiterhin auf freiwilliger Basis und ist keine Pflicht.
Änderung 6: Batteriespeicher effizient nutzen
Das Solarspitzengesetz bringt eine interessante Neuerung für den Einsatz von Batteriespeichern mit sich. Neben der heute existierenden Ausschließlichkeitsoption wird eine Abgrenzungsoption (für große Anlagen mit großen Speichern) und eine Pauschaloption (für PV-Anlagen bis 30 kW mit tendenziell kleineren Speichern) möglich.
Das Solarspitzengesetz setzt auch mehrere Anreize für Batteriespeicher: Künftig wird es dann zum Beispiel möglich sein, den Speicher gezielt mit günstigem oder sogar negativ bepreistem Strom aus dem Netz aufzuladen. Dieser kann dann genutzt werden, wenn der Strompreis steigt – entweder für den eigenen Verbrauch oder um ihn gewinnbringend weiterzuverkaufen. Diese Strategie entlastet nicht nur das Stromnetz, sondern kann dem Anlagenbetreiber auch wirtschaftliche Vorteile bringen. Bis dies möglich ist, sind noch Festlegungen der Bundesnetzagentur erforderlich, die voraussichtlich noch in 2025 kommen sollen. Zudem steht das Pauschalmodell noch unter EU beihilferechtlichem Genehmigungsvorbehalt.
Welche Photovoltaikanlagen sind nicht vom Solarspitzengesetz betroffen?
Das neue Solarspitzengesetz betrifft hauptsächlich Photovoltaik-Anlagen, die ab dem 25.02.2025 in Betrieb gehen. Bestandsanlagen, die vor diesem Datum in Betrieb genommen wurden, sind davon ausgenommen und genießen Bestandsschutz.
- Anlagen vor dem 25. Februar 2025: Diese Anlagen behalten ihre bestehenden Vergütungsregeln und technischen Anforderungen. Sie müssen ihre Anlagen nicht nachrüsten oder mit finanziellen Einbußen rechnen.
- Ausnahmen für bestimmte Bestandsanlagen: Anlagen, die zwischen dem 1. Januar 2023 und dem 1. März 2025 in Betrieb genommen wurden, sind ebenfalls von den neuen Vorgaben befreit. Sie müssen nicht nachgerüstet oder gedrosselt werden.
- Betreiber von Anlagen mit 25 – 100 kW ohne iMSys müssen sicherstellen, dass ihre Anlagen durch den Netzbetreiber fernsteuerbar sind (eine Verletzung dieser Pflicht kann sanktioniert werden). Dies betrifft insbesondere Betreiber, die sich nach EEG 2023 auf die Beauftragung des Messstellenbetreibers berufen haben (hier muss in der Regel die konventionelle Fernsteuerbarkeit nachgerüstet werden).
- Alle Anlagen mit bestehender 70-Prozent-Einspeisewirkleistungsreduzierung müssen diese Einschränkung beibehalten.
- Kleinere Anlagen bis 7 kW mit Inbetriebnahme vor dem 14. September 2022: Anlagen dieser Größe, bei denen nach dem 1. Januar 2023 auf Einspeiseleistungsbegrenzung entfernt wurde, bleiben von den neuen Regelungen unberührt und dürfen weiterhin ohne Einschränkung einspeisen.
Perspektiven und Chancen durch das Solarspitzengesetz
Für Anlagenbetreiber mit Speicher, HEMS, Wärmepumpe und E-Ladepunkt überwiegen die Chancen. Nicht vergüteter Strom kann selbst verbraucht werden und gleichzeitig wird der Förderzeitraum verlängert. Außerdem: Die negativen Strompreise, die zu einer Aussetzung der Einspeisevergütung führen, treten nur selten auf. Im Jahr 2024 beliefen sich die Negativstrompreise auf rund 5 % der Zeit beziehungsweise 457 Stunden (Quelle: Negative Strompreise - Anzahl der Stunden in Deutschland | Statista).
Gleichzeitig wird verstärkt in den Ausbau des Stromnetzes investiert, um dessen Kapazität und Resilienz langfristig zu verbessern und das Netz an die Herausforderungen der Energiewende anzupassen.
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