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Wasserstoff

Was ist los beim Wasserstoff?

„Ich bin davon überzeugt, meine Freunde, dass das Wasser dereinst als Brennstoff Verwendung findet, dass Wasserstoff und Sauerstoff, die Bestandteile desselben, zur unerschöpflichen und bezüglich ihrer Intensität ganz ungeahnten Quelle der Wärme und des Lichtes werden“. So beschrieb Jules Verne in seinem Roman „Die geheimnisvolle Insel“ bereits im Jahre 1875 die Nutzung von Wasserstoff in der Zukunft. Doch heute, knapp 150 Jahre später, tun wir uns mit Wasserstoff immer noch schwer. Was ist da passiert? Ein Erklärungsversuch.

 

Wasserstoff nimmt im Periodensystem der Elemente unter dem Buchstaben H für Hydrogenium (lat. Wasserbildner) den ersten Platz ein. Jede Umwandlung von reinem Wasserstoff in Kraft, Elektrizität oder Wärme liefert als Endprodukt reines Wasser. In der Natur kommt er nicht frei vor, sondern bindet sich an andere Elemente wie zum Beispiel mit Sauerstoff zu Wasser. Oder auch mit vielen anderen Elementen zum Bestandteil von Pflanzen und lebenden Organismen. Reiner Wasserstoff liegt in der Erdatmosphäre als molekulares Element gasförmig vor, kondensiert bei Temperaturen unterhalb von −252° Celsius kondensiert er zu einer klaren, farblosen Flüssigkeit und unterschreitet unter −259° Celsius seinen Gefrierpunkt.

Welche Farbe hat der Wasserstoff?

Nur so sauber wie das Verfahren seiner Erzeugung. Wie schon beschrieben, ist Wasserstoff grundsätzlich farblos. Da er jedoch vor seiner Verwendung gewonnen werden muss, werden in Abhängigkeit seines Erzeugungsverfahrens und der dafür eingesetzten Energie mehr oder weniger Umweltbelastungen frei. Diese spiegeln sich in jeweils zugewiesenen Farben wider. Nach dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gilt folgende Regelung: Wird Wasserstoff, wie heute noch üblich, aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas gewonnen wird, ist seine Farbe „grau“. Kohlenstoff aus dem Erdgas wird als CO2 in der Atmosphäre freigesetzt wird und trägt zum Treibhauseffekt bei. „Blau“ ist der Wasserstoff dann, wenn das anfallende CO2 nicht in die Atmosphäre entlassen, sondern abgeschieden und gesammelt wird. Und „türkis“ ist ein aus Erdgas gewonnener Wasserstoff, wenn als Endprodukte Wasserstoff und fester Kohlenstoff entstehen.

„Pink“, „rot“ oder „gelb“ kennzeichnet einen aus der Elektrolyse von Wasser gewonnen Wasserstoff mit Strom aus Kernenergie. Und grün ist Wasserstoff schließlich dann, wenn der Strom für die Elektrolyse aus regenerativen Anlagen wie Windkraft- oder Photovoltaik stammt.

Wasserstoffnutzung im Gebäudebestand

Die technische Nutzung von Wasserstoff und seine Handhabung ist vor allem in der chemischen Industrie bekannt und wird beispielsweise bei der Produktion von synthetischen Kraftstoffen, Kunststoffen oder Dünger verwendet. Und auch im Verkehr und in Gebäuden wäre sein Einsatz grundsätzlich möglich. Die Technik dafür steht in Form von Brennstoffzellen oder auch Heizkesseln für die Erwärmung und Stromerzeugung zur Verfügung.


Jede Umwandlung mindert die zur Verfügung stehende Energiemenge


Doch nicht immer ist das Mögliche auch sinnvoll. Denn tatsächlich ersetzen Strom, Solarthermie, Geothermie und Umweltwärme oder Abwärme aus Erneuerbaren Energien ersetzt mehr fossile Energien und vermindern mehr Treibhausgasemissionen als der sauberste Wasserstoff aus der Elektrolyse. So rechnet das Umweltbundesamt beispielsweise auf seiner Homepage vor, dass eine Wärmepumpe mit Hilfe 1 Kilowattstunde regenerativen Stroms etwa 3,3 kWh Erdgas einspart. Würden aus dieser einen Kilowattstunde regenerativen Stroms erst Wasserstoff und Methan, würde sich diese Ersparnis auf rund 0,6 kWh eingespartes Erdgas reduzieren.


Vielleicht wird aus diesem Grund Wasserstoff bislang als Erneuerbare Energie im Gebäudeenergiegesetz GEG zumindest noch nicht genannt. Ob und in welchem Umfang eine Anrechnung auf den Jahresprimärenergiebedarf oder die Verpflichtung für die Verwendung von Erneuerbaren Energien möglich ist, kann hier nicht abschließend geklärt werden. Ein Antrag nach GEG § 103 „Innovationsklausel“ bei den nach Landesrecht zuständigen Behörden erscheint aber auf jeden Fall als ein möglicher Weg für Wasserstoffprojekte aller Art.


Aus für eine Nutzung des Wasserstoffs im Jules Vernschen Sinne?


Für Fans der Wasserstoffnutzung klingt das das ernüchternd. Wichtig ist jedoch an dieser Stelle der Hinweis, dass alle hier genannten Einschätzungen Momentbetrachtungen sind. Aktuell wird an verschiedensten Projekten, auch im Land derzeit geforscht und untersucht, ob und unter welchen Bedingungen Wasserstoff für Wohnhäuser, Unternehmen oder Gemeinden dennoch eine effiziente Technologie ist. Zu nennen wären hier beispielsweise zwei Forschungsprojekte, die den Gebrauch von Wasserstoff aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.


Zum Beispiel die Öhringer Solarinsel: In diesem Leuchtturmprojekt untersucht die Netze BW GmbH, wie mit grünem Wasserstoff, eingespeist ins Erdgasnetz, klimaschonender geheizt wird. Der Projektstart begann mit einem der Wasserstoff-Anteil im Mischgas 10 Prozent und wird im Verlauf danach schrittweise auf bis zu 30 Prozent erhöht – weitere Infos hier. <https://www.netze-bw.de/unsernetz/netzinnovationen/wasserstoff-insel>


Oder die Esslinger Weststadt: Ein städteplanerisches Leuchtturmprojektmit dem Ziel überschüssigen, erneuerbarer erzeugten Strom mittels Elektrolyse in grünen Wasserstoff umzuwandeln, zu speichern und im Stadtviertel, in der Mobilität sowie der Industrie anzubieten und zu verbrauchen - weitere Infos hier. <https://neue-weststadt.de/>
Und schließlich noch eine bereits verfügbare Lösung: Picea – ein Ganzjahres-Stromspeicher um überschüssigen Solarstrom aus dem Sommer zu speichern um, so das Versprechen des Herstellers, besonders energieeffiziente Neubauten regenerativ zu versorgen – weitere Infos hier <https://www.homepowersolutions.de/>


 


Thomas Buzckowski

Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde ist eine gute Kilowattstunde